Pilger der Hoffnung – das Heilige Jahr 2025 – SJM – Servi Jesu et Mariae

Pilger der Hoffnung – das Heilige Jahr 2025

Von P. Stefan Würges SJM

Am 9. Mai 2024 proklamierte Papst Franziskus die Verkündigungsbulle des ordentlichen Jubiläums des Jahres 2025 „Spes non confundit“, die den Untertitel trägt: „Möge die Hoffnung die Herzen aller erfüllen, die dieses Schreiben lesen.“

Was ist ein Heiliges Jahr?

Ein Jubiläum, Jubeljahr oder eben ein Heiliges Jahr meint dasselbe, nämlich ein Jahr, das alle 25 Jahre gefeiert wird, und zwar zur besonderen Heiligung der Gläubigen. Zentral stehen in diesem Heiligen Jahr der Ablass und der Papst in Rom. Ablass und Papst sind nicht nur die Brennpunkte dieses besonderen Jahres, sondern gehören auch untrennbar zusammen, denn der Papst legt in seiner Autorität fest, welche guten Werke der Gläubigen den Nachlass der zeitlichen Sündenstrafen bewirken.

Eine kurze Geschichte des Heiligen Jahres

Papst Bonifaz VIII. (1235-1303) wurde in mehrerlei Hinsicht berühmt. Unter anderem rief er mit der Bulle Antiquorum habet fida relatio das Jahr 1300 als ein Jubeljahr aus. Anlass bot nicht nur der Jahrhundertwechsel, sondern auch die damals breit diskutierte Frage der Sündenvergebung und der Vergebung der Sündenstrafen. Bonifaz VIII. gewährte allen Pilgern, die den Petersdom besuchen, beichten und an der heiligen Messe teilnehmen, einen vollkommenen Ablass. Das Heilige Jahr sollte also einen geistlichen Schwerpunkt haben und die Gläubigen konnten gleichsam aus den Strömen der göttlichen Gnade schöpfen. Dabei interpretierte sich Bonifaz eindeutig als der Nachfolger Petri und der Verwalter der geistlichen Gnadengaben der Kirche.

Der Papst als die „Schlüsselfigur“

Der Papst, dem die Vollmacht anvertraut wurde, zu binden und zu lösen, verwaltet den Gnadenschatz der Kirche. Diese Aufgabe der „Verwaltung“ der Gnadengüter wird in den Papstdarstellungen durch die beiden Schlüssel ausgedrückt, die der Papst, mit der Tiara bekrönt, vor seiner Brust hält. Im Hintergrund dieser beiden Schlüssel steht die mittelalterliche Praxis für einen tresorartigen Schrank, der mit mehreren Schlössern gesichert war. Die doppelte Sicherung diente nicht nur der höheren Sicherheit als solcher, sondern garantierte auch, dass der Inhaber des ersten Schlüssels, den Schrank nicht einfach öffnen konnte, ohne dass derjenige, der den zweiten Schlüssel hatte, der Öffnung des Schrankes zustimmt. Die beiden Schlüsselinhaber kontrollierten und schützten sich gegenseitig vor unrechtmäßiger Öffnung des Schrankes. Beide mussten also der Öffnung zustimmen und gleichzeitig anwesend sein.

Beim heiligen Petrus hingegen ist das nicht so, denn er hat beide Schlüssel, die ihm von Christus anvertraut wurden und kann somit, wann immer er will, den Gnadenschrank öffnen und wieder schließen. Dies verdeutlicht eindrücklich die Schlüsselgewalt des Papstes, der eben nicht auf die Zustimmung anderer angewiesen, sondern der alleinige Träger der höchsten Autorität in der Kirche ist, der zur Ausübung seiner Autorität niemand fragen muss.

Das Jubeljahr 2025

Papst Franziskus wird das Heilige Jahr am 24. Dezember 2024 mit der Öffnung der Heiligen Pforte im Petersdom feierlich beginnen und am 28. Dezember 2025 beenden. Er kündigte in seiner Bulle an, dass es in der Stadt Rom neben der klassischen Wallfahrt zu den sieben Hauptkirchen auch „weitere Wege des Glaubens“ für die Pilger der Hoffnung geben wird. (Vgl. Verkündigungsbulle Nr. 5) Das Jahr 2025 soll also ein Jahr der intensiven Erfahrung der Gnade und der Hoffnung werden.

Der Papst richtet ganz in der Tradition der Kirche seinen Blick auf die Gnadengaben Gottes, indem er aufruft, „dass das Volk Gottes sowohl die Botschaft der Hoffnung auf Gottes Gnade als auch die Zeichen, die deren Wirksamkeit bezeugen, mit voller Anteilnahme empfangen kann.“ Hoffnung kann man wohl als Leitgedanken der gesamten Verkündigungsbulle formulieren, denn schon das erste Wort dieser Bulle erklärt diesen Grundgedanken: „Die Hoffnung lässt nicht zugrunde gehen“. Damit betont Papst Franziskus nicht nur das Prinzip dieser Bulle, sondern auch des ganzen Heiligen Jahres 2025. Der Papst entnimmt dieses Wort der Hoffnung dem Brief des Apostels Paulus an die Römer. Paulus will in diesem Brief eine Hoffnung bringen, die auf der Liebe Christi gegründet ist, „die aus dem am Kreuz durchbohrten Herzen Jesu fließt.“ (3) Gerade weil die Hoffnung auf Christus baue, würde sie niemals angesichts von Schwierigkeiten zusammenbrechen.

Wer erahnt, dass das Ende des Heiligen Jahres am Fest der Unschuldigen Kinder eine symbolische Aussagekraft bekomme soll, wird wohl nicht falsch liegen, denn der Papst sieht im Verlust des Wunsches, das Leben weiterzugeben, einen Mangel an Hoffnung (9). Hoffnung drücke sich aber auch aus in der Hilfe und Betreuung von Gefangenen (10) und Kranken (11). Traurig sei es auch, junge Menschen ohne Hoffnung zu sehen (12), die Franziskus in seiner Bulle vor Drogen und Streben nach Kurzlebigem warnt. In der Reihe der Gruppen, die spezifische Kennzeichen der Hoffnung aufweisen, nennt Franziskus Migranten, ältere Menschen, Großväter und Großmütter und schließlich die Armen.

Appelle der Hoffnung fänden die Gläubigen im historischen Rückblick auf die Konzilien. Franziskus nennt ausdrücklich das Konzil von Nizäa, das die Göttlichkeit Jesu und seine Wesensgleichheit mit dem Vater verkündete. In diesem Sinn sind alle Getauften „mitverantwortlich, dass vielfältige Zeichen der Hoffnung die Gegenwart Gottes in der Welt bezeugen.“ (17)

Die christliche Hoffnung als Tugend richtet sich auf das ewige Leben. Wenn wir etwas erhoffen, dann freuen wir uns auf das, was wir erhoffen. Das ewige Leben wird somit nicht erst zum Glück in der Ewigkeit, sondern erfüllt unser Leben auch schon im Diesseits mit dem Glück der Hoffnung (19). Unter diesem Blickwinkel beleuchtet der Papst auch das Sterben des Menschen und den Tod. Die glaubwürdigsten Zeugen dieser Hoffnung seien die Märtyrer, „die in ihrem festen Glauben an den auferstandenen Christus in der Lage waren, sogar auf ihr irdisches Leben zu verzichten, um ihren Herrn nicht zu verraten.“ (20)

Papst Franziskus erwähnt in diesem Kontext auch das Gericht Gottes, das sowohl am Ende des Lebens als auch am Ende der Zeiten stattfindet (22). Der Ablass diene in diesem Zusammenhang zur Erkenntnis von Gottes Liebe und Barmherzigkeit. Die Vergebung der Sünden im Sakrament der Buße sei darum „ein entscheidender, wesentlicher und unverzichtbarer Schritt für den Glaubensweg eines jeden Menschen.“ (23) Der Papst unterlässt darum auch nicht, ein Plädoyer für die Beichte zu halten: „Verzichten wir also nicht auf die Beichte, sondern entdecken wir wieder neu die Schönheit des Sakraments der Heilung und der Freude, die Schönheit der Vergebung der Sünden!“ In welcher Weise der Ablass im Heiligen Jahr 2025 gewonnen werden kann, wird zu Beginn des Heiligen Jahres erklärt werden.

Das schönste Beispiel sieht Papst Franziskus in der Mutter Gottes als der höchsten Zeugin der Hoffnung, denn an ihr sei zu erkennen, „dass Hoffnung kein törichter Optimismus ist, sondern ein Geschenk der Gnade in der Wirklichkeit des Lebens.“ (24)

Papst Franziskus wirbt mit dieser Bulle, sich von der Hoffnung anziehen zu lassen und auch andere damit anzustecken. Und tatsächlich hat die Tugend der Hoffnung einen unersetzbaren Wert für unser Leben.


Was sagt der Katechismus zum Ablass?

1471 Der Ablass ist Erlass einer zeitlichen Strafe vor Gott für Sünden, die hinsichtlich der Schuld schon getilgt sind. Ihn erlangt der Christgläubige, der recht bereitet ist, unter genau bestimmten Bedingungen durch die Hilfe der Kirche, die als Dienerin der Erlösung den Schatz der Genugtuungen Christi und der Heiligen autoritativ austeilt und zuwendet.

Der Ablass ist Teilablass oder vollkommener Ablass, je nachdem er von der zeitlichen Sündenstrafe teilweise oder ganz freimacht. Einen Ablass kann man für sich selbst gewinnen oder den Verstorbenen zuwenden.

Die Sündenstrafen

1472 Um diese Lehre und Praxis der Kirche zu verstehen, müssen wir wissen, dass die Sünde eine doppelte Folge hat. Die schwere Sünde beraubt uns der Gemeinschaft mit Gott und macht uns dadurch zum ewigen Leben unfähig. Diese Beraubung heißt „die ewige Sündenstrafe“. Andererseits zieht jede Sünde, selbst eine geringfügige, eine schädliche Bindung an die Geschöpfe nach sich, was der Läuterung bedarf, sei es hier auf Erden, sei es nach dem Tod im sogenannten Purgatorium [Läuterungszustand]. Diese Läuterung befreit von dem, was man „zeitliche Sündenstrafe“ nennt. Diese beiden Strafen dürfen nicht als eine Art Rache verstanden werden, die Gott von außen her ausüben würde, sondern als etwas, das sich aus der Natur der Sünde ergibt. Eine Bekehrung, die aus glühender Liebe hervorgeht, kann zur völligen Läuterung des Sünders führen, so dass keine Sündenstrafe mehr zu verbüßen bleibt.

1473 Die Sündenvergebung und die Wiederherstellung der Gemeinschaft mit Gott bringen den Erlass der ewigen Sündenstrafen mit sich. Zeitliche Sündenstrafen verbleiben jedoch. Der Christ soll sich bemühen, diese zeitlichen Sündenstrafen als eine Gnade anzunehmen, indem er Leiden und Prüfungen jeder Art geduldig erträgt und, wenn die Stunde da ist, den Tod ergeben auf sich nimmt. Auch soll er bestrebt sein, durch Werke der Barmherzigkeit und der Nächstenliebe sowie durch Gebet und verschiedene Bußübungen den „alten Menschen“ gänzlich abzulegen und den „neuen Menschen“ anzuziehen [vgl. Eph 4,24].

In der Gemeinschaft der Heiligen

1474 Der Christ, der sich mit der Gnade Gottes von seiner Sünde zu läutern und sich zu heiligen sucht, steht nicht allein.

1475 In der Gemeinschaft der Heiligen besteht unter den Gläubigen — seien sie bereits in der himmlischen Heimat oder sühnend im Reinigungsort oder noch auf der irdischen Wanderschaft — in der Tat ein dauerhaftes Band der Liebe und ein überreicher Austausch aller Güter.

1476 Diese geistlichen Güter der Gemeinschaft der Heiligen nennen wir auch den Kirchenschatz. „Er ist nicht so etwas wie eine Summe von Gütern nach Art von materiellen Reichtümern, die im Lauf der Jahrhunderte angesammelt wurden. Vielmehr besteht er in dem unendlichen und unerschöpflichen Wert, den bei Gott die Sühneleistungen und Verdienste Christi, unseres Herrn, haben, die dargebracht wurden, damit die gesamte Menschheit von der Sünde frei werde und zur Gemeinschaft mit dem Vater gelange. Der Kirchenschatz ist Christus, der Erlöser, selbst, insofern in ihm die Genugtuungen und Verdienste seines Erlösungswerkes Bestand und Geltung haben.

1477 „Außerdem gehört zu diesem Schatz auch der wahrhaft unermessliche, unerschöpfliche und stets neue Wert, den vor Gott die Gebete und guten Werke der seligsten Jungfrau Maria und aller Heiligen besitzen.

Gott erlässt Sündenstrafen durch die Kirche

1478 Der Ablass wird gewährt durch die Kirche, die kraft der ihr von Jesus Christus gewährten Binde- und Lösegewalt für den betreffenden Christen eintritt und ihm den Schatz der Verdienste Christi und der Heiligen zuwendet, damit er vom Vater der Barmherzigkeit den Erlass der für seine Sünden geschuldeten zeitlichen Strafen erlangt. Auf diese Weise will die Kirche diesem Christen nicht nur zu Hilfe kommen, sondern ihn auch zu Werken der Frömmigkeit, der Buße und der Nächstenliebe anregen.

1479 Da die verstorbenen Gläubigen, die sich auf dem Läuterungsweg befinden, ebenfalls Glieder dieser Gemeinschaft der Heiligen sind, können wir ihnen unter anderem dadurch zu Hilfe kommen, dass wir für sie Ablässe erlangen. Dadurch werden den Verstorbenen im Purgatorium für ihre Sünden geschuldete zeitliche Strafen erlassen.