Von Prof. Pater Dr. Karl Wallner OCist.
Jede Heilige Messe muss nach der Anordnung der Kirche immer live übertragen werden, damit die Gläubigen sich auch wirklich zeitgleich mit dem sakramentalen Geschehen, vor allem bei der Wandlung, verbinden können. Natürlich kann man sich auch eine aufgezeichnete Messe andachtsvoll anschauen. Damit aber ein reales Mitfeiern geschieht, muss die Messübertragung live erfolgen!
Doch andächtig an einer Live-Messe teilnehmen: das ist leichter gesagt als getan! Wir haben es noch nicht gelernt, die Messe vor dem Fernseher oder Livestream „mitzufeiern“. Denn das bloße Zuschauen wäre zu wenig! Wir brauchen ein Mitfeiern! So wie die physische Teilnahme am Gottesdienst eine äußere Ordnung braucht, so auch die Mitfeier vor dem Bildschirm. „Kult“ braucht „Kultur“. Daher sollten wir jetzt rasch eine „Kultur“ des Mitfeierns entwickeln, damit aus dem passiven Zuschauen ein aktives Mitfeiern wird, das dann auch gnadenhaft wirksam wird. Hier betreten wir weitgehend Neuland!
Ich möchte deshalb 10 Tipps geben, wie man zu Hause, vor dem Bildschirm mitfeiern kann:
- MACHE DIE MITFEIER ZUR HAUPTSACHE: Während des Gottesdienstes solltest Du nicht anderen Beschäftigungen daneben nachgehen, etwa essen oder am Smartphone herumwischen. Die Mitfeier soll für Dich nicht bloß eine „Neben-sache“ sein, mache sie zur „Haupt-sache“ und fokussiere Dich!
- SEI STILVOLL: Ziehe Dich für das Ereignis passend an. Pyjama und Jogginganzug sind für den Alltag. Jede Messe ist eine „Feier“. Du musst Dir in Deiner Wohnung natürlich kein „Sonntagsgewand“ anziehen, aber Dein bequemes Home-Outfit soll stilvoll und würdevoll sein.
- GESTALTE „HAUSKIRCHE“: Da Du Dich in Deinem profanen Wohnbereich befindest, solltest Du einige Maßnahmen treffen, um Dein Zuhause in eine „Hauskirche“ zu verwandeln. Du darfst Ideen entwickeln, zum Beispiel: Stelle ein Kreuz auf, zünde eine Kerze an, platziere eine Ikone, ein Herz-Jesu-Bild oder ein Marienbild in der Nähe des Bildschirms, schalte das Licht ab usw.
- AM BESTEN MITEINANDER: Da es sich gemeinsam besser betet, so feiere – wenn es möglich und erlaubt ist – die Heilige Messe mit anderen, etwa aus Deinem Haushalt. Ideal wäre es, wenn sich die ganze Familie zur Live-Messe versammelt. Durch eine unaufdringliche Einladung an Mitbewohner, die keine so große Lust haben, hast Du sogar die Chance, „missionarisch“ zu sein.
- BEGINNE BEWUSST: Wenn möglich, bereite die Texte der Messe vor und lege sie Dir zu recht. Und am Beginn bete ein Vorbereitungsgebet. Das katapultiert Dich in die geistige Dimension. Durch ein Gebet überschreitest Du geistig die Grenze vom banalen Dasein zum Sein vor Gott.
- VERHALTE DICH LITURGISCH: Versuche die Heilige Messe so mitzufeiern, als ob Du in der Kirche direkt dabei wärst. Du kannst gerne mitbeten und mitsingen, Dich bekreuzigen… Zumindest beim Evangelium und beim Vater Unser solltest Du stehen. Wenn es Dir möglich ist, so knie bei der Wandlung nieder. Du darfst hier aber nach Gefühl handeln, damit Dein Verhalten vor dem Fernseher oder Computer nicht peinlich für Dich oder für andere wird.
- VERBINDE DICH GEISTIG: Während der Heiligen Kommunion verbinde Dich im Geist mit Jesus. Lade ihn in Dein konkretes Leben ein. Bete ein Gebet zur Geistlichen Kommunion und vertraue Jesus Dein Leben, Deine Sorgen, an. Bitte ihn, danke ihm. Sei intensiv innerlich.
- NIMM DIR ZEIT: Wenn Du zu Hause mitfeierst, ist es sehr einfach davonzulaufen oder umzuschalten, wenn es einmal nicht so spannend ist. Lass das! Die Messe endet auch für Dich vor dem Bildschirm mit dem Segen Gottes und dem „Gehet hin in Frieden!“
- BEENDE BEWUSST: Am Schluss mache das Kreuzzeichen und beende die Mitfeier mit einem Gefühl der Dankbarkeit. Dann solltest Du aufstehen und etwas Anderes machen, denn Du bist ja ins Leben hinausgesendet worden: „Ite missa est…“ heißt wörtlich: „Geht, es ist Sendung!“
- TIPPS FÜR UNS PRIESTER: Für uns Priester ist es nicht nur emotional ungewohnt, eine Heilige Messe ohne sichtbares Volk Gottes zu feiern. Es ist auch in praktischer Hinsicht herausfordernd, nur über die Kameras mit einer Gemeinde zu interagieren. Wir müssen etwas völlig Neues lernen: mit den Menschen via Kamera zu kommunizieren! Die Mitfeiernden werden es schätzen, wenn wir uns bei den Gebetsteilen und beim Hochgebet innerlich voll auf den Herrn konzentrieren. Es gibt aber andere Teile der Messe, wo wir die Herzen der Mitfeiernden zu Hause erreichen müssen. Wir müssen lernen, so zu agieren, dass „der Funke überspringen“ kann: indem wir z.B. bei den Verkündigungsteilen Blickkontakt über die Kamera suchen. Und indem wir uns trauen, die für uns unsichtbaren Menschen zu Hause direkt und persönlich anzusprechen…
Zum Schluss noch etwas Persönliches: Nach einer Formulierung des 2. Vatikanischen Konzils beinhaltet die göttliche Liturgie zwar „viel Verkündigung“. Sie ist aber „vor allem Anbetung der göttlichen Majestät“ (SC 33). Mich persönlich rettet dieser „theozentrische“ Fokus aus Frustration und Depression. Denn der Wert einer Heiligen Messe ist – unabhängig von der Zahl der sichtbaren oder unsichtbaren Mitfeiernden – auf jeden Fall unermesslich.