Kasachische Weihnachtszeit – SJM – Servi Jesu et Mariae

Kasachische Weihnachtszeit

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Der Anfang des Kirchenjahrs war von vielen Aktivitäten begleitet: Zu Adventsbeginn war ich bei der Jugendgruppe in Osjorne eingeladen, einem Dorf ca. 50 km von uns entfernt. Osjorne ist das „nationale Heiligtum“ der Katholischen Kirche in Kasachstan. Hier finden zahlreiche Wallfahrten zu Ehren der heiligen Jungfrau Maria statt. Einmal im Jahr gibt es ein großes Jugendtreffen, zu dem sich mehrere hundert Jugendliche versammeln. In einem Einkehrwochenende mit Vorträgen, Anbetung und Beichtgelegenheit haben wir uns intensiv auf das kommende Weihnachtsfest vorbereitet. Es war berührend, wie ernsthaft die Mädchen und Jungen ihren Glauben leben – in einem Land, in dem die Katholiken nur eine kleine Minderheit darstellen.

Kurz vor den Adventsexerzitien fand in Korneewka das Dekanatstreffen statt, zu dem viele Priester und Schwestern aus den umliegenden Pfarreien zusammenkamen. Der Rektor des Priesterseminars in Karaganda hielt mehrere Vorträge über einen heiligmäßigen Priester Kasachstans, der zur Zeit der kommunistischen Repressionen zu 13 Jahren Zwangsarbeit in verschiedenen Lagern verurteilt worden war. Obwohl sich ihm die Möglichkeit anbot, in seine Heimat nach Polen auszureisen, blieb er im Land, um unter den Christen den priesterlichen Dienst auszuüben. Sein Name ist Wlasislaw Bukowinskij. Unsere Gläubigen beten schon seit Jahren für den Abschluss des Seligsprechungsverfahrens für diesen großartigen Apostel Kasachstans.

Ende der Adventszeit erhielt ich noch eine Einladung der Stadtpfarrei von Kokschetau für einen Einkehrtag am Wochenende des 4. Adventssonntags. Die Pfarrei ist überwiegend polnisch geprägt. Daher kommt es häufig vor, dass die Gläubigen in polnischer Sprache die heilige Beichte ablegen, was für mich nicht immer ganz einfach ist. Viele Gläubige nahmen an den Vorträgen und Predigten teil. Bis spät in die Nacht saßen vier Priester in den Beichtstühlen, so groß war der Andrang zum Sakrament der Versöhnung.

Weihnachten hat in Korneewka mittlerweile einen festen Platz unter den Menschen, die zwar nach dem orthodoxen Kalender überwiegend am 7. Januar das Fest der Geburt Christi feiern, aber dennoch auch mit uns das „Katholische Weihnachten“ begehen. Um 21:00 abends begann das Weihnachtstheaterstück, das die Schule „St. Lorenz“ einstudiert hatte. Danach feierten wir die Christmette, die in diesem Jahr wieder von vielen Menschen besucht wurde. Anschließend versammelten sich die Gläubigen in der Pfarrei, um gemeinsam Weihnachten zu feiern und Lieder zu singen.

Schon am nächsten Morgen kam die Gemeinde wieder zusammen, um mit den Gläubigen in Tonkoschurowka, das ca. 35 km von Korneewka entfernt ist, das Weihnachtsfest zu begehen. Ein Bus brachte uns in die dortige Kirche, wo die Gemeindemitglieder ein wundervolles Theaterstück präsentierten. Es ging um einen Mann, der auf das Versprechen Christi, heute zu ihm zu kommen, den ganzen Tag auf die Ankunft des Herrn wartet, der ihn aber anscheinend vergessen hatte. Stattdessen kamen ein Junge, ein Waisenkind, ein heimatloser Wanderer – die er aufnahm und bewirtete. Abends beklagte er sich bei Christus, warum er sein Wort nicht gehalten habe – er hatte den ganzen Tag gewartet. Christus antwortet, dass er kam, als er den Jungen, das Waisenkind, den Wanderer aufgenommen hatte: „Was du einem von diesen getan hast, das hast du mir getan.“ Nach der feierlichen Messe blieb die Gemeinde zusammen bei einem Festessen, das einzelne Mitglieder gemeinsam mit den Schwestern vorbereitet hatten. Die Eindrücke dieses Festes bleiben uns noch lange im Gedächtnis.

Nach den Festtagen machten wir uns auf, die Häuser in unseren Dörfern zu segnen. Normalerweise kommen wir in erster Linie in die Häuser der Gemeindemitglieder. Nur in Tonkoschurowka segnen wir schon seit Jahren das ganze Dorf – jedes Haus, wenn die Hausbesitzer nichts dagegen einwenden. Es ist interessant, dass nicht nur die orthodoxen Christen, sondern auch die Muslime sehr dankbar sind, wenn wir ihre Wohnungen segnen. Dabei erhalten wir zahlreiche Einladungen auf einen Tee oder einen Imbiss. So dauert es fast eine ganze Woche, bis wir alle Häuser besucht haben. Auf diese Weise ist es sehr einfach, den Kontakt mit den Menschen aufrecht zu erhalten und ein wenig Einblick in ihre Lebensumstände zu gewinnen.

Am 10. Januar fand schließlich noch ein Weihnachts- und Neujahrstreffen mit den Kindern und Jugendlichen von Korneewka statt. Unser Ziel ist es, die Kinder immer mehr mit der Kirche in Kontakt zu bringen. Dazu veranstalten wir regelmäßig Treffen, in denen gebetet, gesungen und gespielt wird. Sie sollen erleben, wie schön es ist zu glauben; sie sollen Freunde gewinnen, die ebenfalls in der Kirche sind und dieselben Erfahrungen gemacht haben. Dieses Mal bewunderten wir unsere Weihnachtskrippe, die mit schönen, geschnitzten Figuren ausgestattet ist. Nachdem ich ihnen von der Geburt Christi erzählt hatte, malte jedes Kind sein Bild von der Geburtsgrotte in Bethlehem. Mit vielen Spielen und Liedern verging der Nachmittag wie im Flug. Besonders freundeten sich die Jugendlichen mit meinem jungen Helfer Aleksej an, einem Burschen aus Temirtau, ca. 700 von Korneewka entfernt. Er verbrachte zwei Wochen bei uns, um sich intensiv Gedanken über seine Berufung zu machen.

P. Leopold Kropfreiter SJM